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Informationssicherheit nach ISO 27001 für Vorstände und Geschäftsführer (Teil 6)

Die Managementbewertung

In den ersten Teilen dieser Artikelserie haben wir uns mit den Aufgaben von Geschäftsführern und Vorständen in einem Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) nach ISO 27001 bezüglich des Zusammensetzens eines Projektteams für die Einführung des ISMS, mit den Rollen und der Aufbauorganisation für den Betrieb des ISMS, mit Berichtswegen, der Integration der ISMS-Prozesse in die Prozesse des Unternehmens und dem Auditprogramm als Steuerungsinstrument beschäftigt.

In diesem Teil soll es ausführlich um die Managementbewertung gehen, die wir in dem Artikel über die Berichtswege schon kurz angeschnitten hatten.

Pflichten der Geschäftsführung bzw. des Vorstands

Es gehört zu den originären Pflichten einer Geschäftsführung eine funktionierende Unternehmensorganisation sicherzustellen, Risiken zu überwachen und ggf. Maßnahmen zur Schadensprävention zu ergreifen. Dies ergibt sich u.a. aus dem StaRUG. Im Falle der Informationssicherheit kommt sie diesen Pflichten durch die Einrichtung eines wirksamen Informationssicherheits-Managementsystems (ISMS) in geeigneter Weise nach.

Nur in kleinen Unternehmen wird sich die Geschäftsführung selbst der ISMS-Einführung annehmen. Meist beauftragt sie einen Mitarbeiter mit der Einrichtung und dem Betrieb des ISMS. Dieser trägt dann den Titel Informationssicherheitsbeauftragter (ISB) , Chief Information Security Officer (CISO) oder eine andere vergleichbare Bezeichnung. Mit der Bestellung eines solchen Beauftragten ist die Arbeit für die oberste Leitung nicht erledigt. Sie muss sich angemessen davon überzeugen, dass die von ihr beauftragte Person diese Aufgabe auch in ihrem Sinne ausfüllt. Die Geschäftsführung bzw. der Vorstand müssen die Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit ihres ISMS feststellen.

Feststellung der Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit des ISMS

Zur Feststellung der Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit des ISMS muss die oberste Leitung ihr ISMS in geplanten Abständen bewerten. Diese Bewertung erfolgt oft in einem Meeting, das auch den Namen Managementbewertung (Management Review) trägt.

Ablauf der Managementbewertung

In der Praxis sieht es meist so aus, dass der Informationssicherheitsbeauftragte (ISB) der obersten Leitung berichtet. Gegenstand des Berichts sind u.a.

  • der Status von Maßnahmen als Folge vorheriger Managementbewertungen,
  • Veränderungen bei verschiedenen, das ISMS betreffenden Themen,
  • Nichtkonformitäten und zugehörige Ursachenanalysen sowie Korrekturmaßnahmen,
  • wichtige Kennzahlen,
  • Auditergebnisse,
  • Stand bei der Erreichung von Informationssicherheitszielen,
  • Ergebnisse der Risikobeurteilung,
  • Umsetzungsgrad beschlossener Maßnahmen sowie
  • allgemeine Möglichkeiten zur fortlaufenden Verbesserung.

Die Führung muss auf den Stand und die Entwicklung bei diesen Themen wertend reagieren. Notwendige Entscheidungen müssen von der obersten Leitung getroffen werden. Die Managementbewertung ist also nichts, was die oberste Leitung einfach konsumieren darf. Vielmehr ist es andersherum. Der Bericht des ISB liefert nur die Informationen, die als Grundlage für die Bewertung und Anpassung des ISMS durch die Geschäftsführung bzw. Vorstand dienen.

Häufigkeit der Managementbewertung

Die ISO 27001:2022 fordert eine Managementbewertung in geplanten Abständen. In der Praxis wird dies übersetzt in “mindestens jährlich”. Mindestens ist aber nicht gleichbedeutend mit angemessen. Was angemessen ist, muss jede Führung selbst festlegen. Gerade in der Einführungsphase eines ISMS können kürzere Abstände durchaus hilfreich und notwendig sein.

In kleineren Unternehmen ist die Geschäftsführung häufig so dicht am operativen Geschäft dran, dass alle oben genannten Themen von ihr ohnehin im Tagesgeschäft beachtet und bearbeitet werden. Hier könnte auch eine Vielzahl von unterschiedlichen Meetings und Formaten in der Summe als Managementbewertung betrachtet werden. Der ISB muss dabei darauf achten, dass im Laufe eines Jahres wirklich alle Pflichtpunkte der Managementbewertung behandelt wurden, dies dokumentiert wurde und ggf. im Audit auch darstellbar ist.

Entscheidet man sich für eine klassische Managementbewertung so hat diese in kleineren Unternehmen häufig den Charakter eines wiederholten Durchgehens bereits bearbeiteter Punkte. Auch in diesem Fall muss darauf geachtet werden, dass dies dokumentiert wird und das eine Bewertung der obersten Leitung bezüglich der Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit des ISMS erkennbar ist.

In mittleren Unternehmen hat sich eine Zahl von zwei bis vier Managementbewertungen im Kalenderjahr bewährt. Eine Führung, die wegen der Größe der eigenen Organisation nicht mehr mit allen Aspekten des Tagesgeschäftes befasst ist, kann sich so in angemessen Abständen mit dem Stand der Informationssicherheit im eigenen Unternehmen auseinandersetzen. Bei Fehlentwicklungen kann wirksam gegengesteuert werden.

Die angeratene Mindestzahl von zwei Managementbewertungen ergibt sich aus der Mindestzahl von Audits in zertifizierten Unternehmen. Einmal im Jahr kommt der Zertifizierungsauditor, mindestens einmal im Jahr findet ein internes Audit statt. Wenn diese gleichmäßig über das Jahr verteilt sind, bei zwei Audits also im Abstand von 6 Monaten, ergeben sich mit den Auditberichten zwei gute Gelegenheiten für die oberste Leitung sich mit dem Stand und der Entwicklung der Informationssicherheit auseinander zu setzen. Liegen die Audits zeitlich zu dicht beieinander, führt dies zu ähnlichen Auditberichten, die eine gesonderte Befassung unnötig erscheinen lassen.

In großen Organisation gibt es auch eine eigene Informationssicherheitsorganisation. Diese bearbeitet viele Aspekte der Informationssicherheit und des Informationssicherheitsmanagements selbstständig. Sie verfügt hierzu in der Regel über alle Kompetenzen und Ressourcen. In diesem Fall ist eine Befassung durch die oberste Leitung einmal jährlich meist ausreichend.

Teilnehmer der Managementbewertung

Im Sinne der ISO 27001 ist es ausreichend, wenn die Managementbewertung durch ein Mitglied der obersten Leitung durchgeführt wird. Geschäftsführungen und Vorstände sind allerdings kollektiv haftende Organe. Diese Haftung lässt sich beschränken, wenn es einen (hoffentlich dokumentierten und nicht nur gelebten) Geschäftsverteilungsplan gibt. Aber auch in diesem Fall bleibt die Gesamtverantwortung bestehen. Das heißt, die nicht für ein Ressort zuständigen Mitglieder der obersten Leitung  müssen die Arbeit ihrer Kollegen überwachen und bei erkennbaren Pflichtverletzungen einschreiten. Versäumen sie dies, ist eine Haftung weiterhin möglich.

Die Managementbewertung ist für die “nicht zuständigen” Mitglieder der Geschäftsführung eine sehr gute Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, dass die Aufgabe Informationssicherheit bzw. Informationssicherheitsmanagement von ihrem zuständigen Kollegen angemessen organisiert und bearbeitet wird. Jeder Geschäftsführer ist daher gut beraten an der Managementbewertung zumindest teilzunehmen, auch wenn das Thema nicht in den eigenen Zuständigkeitsbereich fällt.

Wie es weiter geht?

Damit endet (vorerst) die Artikelreihe über die Aufgaben der obersten Leitung im ISMS. Sie haben noch Fragen? Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

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